Bezirksschule Zofingen - Jahrgang 1940

HOMAGE AN DEN JAHRGANG 1940


Dass wir überlebt haben, ist fast als Wunder zu bezeichnen. Nach den Regeln von heute hätten wir nie überleben können...

... und niemand hatte Schuld ! - Eine Hommage an den Jahrgang 1940


Wir haben die Bühne dieses Planeten 1940 betreten, und so ist es zurückblickend kaum zu glauben, dass wir so lange überleben konnten!


Als Kinder fuhren wir in Autos ohne Sicherheitsgurten, ohne Airbag und ohne Seitenaufprallschutz, wir fuhren Rad ohne Helm, sind Rollschuh gelaufen ohne Knie-, Ellbogen und Handschutz. Unsere Betten waren angestrichen in strahlendem Blau, Rosa oder weiss der Kuckuck nicht wie, in Farben voller Blei und Cadmium, hinter dem Ofen waren Asbestplatten als Feuerschutz. Die Flaschen und Fläschchen aus der Apotheke konnten wir problemlos öffnen, genauso wie die Flasche mit Brennsprit, Petrol, Benzin oder Bleichmittel. Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen und die scharfen Kanten gefährlich für Kopf und Kragen. Wir tranken Wasser aus Brunnenröhren, aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen oder Weichplastikbechern und bekamen deswegen weder die Ruhr noch Durchfall.


Wir spielten im Sand und die gebackenen Sandkuchen kosteten wir. Weder Hepatitis noch Ausschläge waren die Folge. Geduscht wurden wir schon gar nicht, gebadet wurden wir, wenn’s hoch kam am Samstag und die Sonntagskleider hassten wir wie die Pest.


Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Berg hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Wir bastelten Steinschleudern und zielten auf Spatzen und Tauben, trafen hin und wieder die eine oder andere Fensterscheibe, die den aus allem möglichem Material bestehenden Geschossen meistens nicht standhalten konnten. Wir kletterten auf Bäume ohne Sicherheitsseil, wir fischten nicht nur mit Ruten, auch mit Karbid. Der Fussball war nicht selten eine Blechbüchse und Pfeil und Bogen bastelten wir aus Haselruten.


Wir verliessen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Strassenlaternen angingen. Kaum einer wusste, wo wir waren. Wir hatten nicht einmal ein Handy dabei. Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld, ausser wir selbst. Keiner fragte nach Aufsichtspflicht. Wir kämpften und schlugen einander manchmal bunt und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht.


Wir assen Kekse, Brot mit Butter dick und Marmelade, tranken viel und was wir in der Natur fanden, verschwand auch ungewaschen den Weg zur Verdauung. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen. Wir wurden auch nicht zu dick.


Wir hatten weder Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 128 Fernsehkanäle, Filme auf DVD, Videoband und Computer, Internet noch waren uns Chatrooms bekannt. Wir hatten Freunde. Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Strasse. Wir konnten einfach sein, wir hatten keine Meetings, keine Workshops. Wir kamen zusammen, wir unternahmen zusammen etwas. Wir konnten direkt zum Heim unserer Kameraden gehen, klingeln oder wir gingen stracks hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitigen Eltern. Keiner brachte uns hin, keiner holte uns ab ... wie war das nur möglich.


Wir erfanden Spiele mit Holzstöcken, mit Steinen, mit Lehm, wir wurden dreckig und keiner regte sich darüber auf. Unsere Mütter hatten Persil und das wusch auch ohne Werbefernsehen alles wieder raus. Wir konnten spielen, wir brauchten keine schriftlichen Regeln, die machten wir, so wie wir uns die ausdachten. Und wir assen Würmer und die lebten nicht für immer weiter in unserem Magen, wir hatten ab und zu auch einen Salamander oder eine Kröte in der Hosentasche und das produzierte höchstens eine Schelte, kein Naturschutz, der uns solches hätte verbieten können. Wir liessen Hühner tanzen, gaben ihnen in Schnaps oder in Bier getauchtes Brot zum Frass. Kämpfe trugen wir mit Stöcken aus und stachen nicht besonders viel Augen aus.


Beim Fussball oder Landhockey durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen zurecht zu kommen. Schaden nahm keiner deswegen und keine Eltern oder Fremde mischten sich ein.


Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Die rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung oder Zeugnisse.


Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Keiner konnte sich dabei verstecken. Wenn einer von uns gegen das „Gesetz“ verstossen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht aus dem Schlamassel heraushauen würden, im Gegenteil, sie waren der gleichen Meinung wie die Obrigkeit, der Lehrer, der Nachbar, der Pfarrer oder die Polizei. So etwas!


Wir, die 40er, haben eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern hervorgebracht. Wir hatten Freiheit, hatten Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit all dem wussten wir umzugehen.


Wir gehören dazu, Wir haben überlebt, ohne Watte, Fürsprache, Einmischungen von aussen, Seid stolz ein „1940er“ zu sein – Gratulation!